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BFH-Tag 2024: Wie wir eine sorgende Gesellschaft werden
20.11.2024 In einem Punkt waren sich am BFH-Tag alle einig: Es braucht eine Caring Society, um die Herausforderungen durch eine alternde und immer diversere Gesellschaft zu bewältigen.
Das Wichtigste in Kürze
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Der BFH-Tag 2024 stand im Zeichen von Caring Society.
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Eine sorgende Gesellschaft anerkennt Care als kollektive Verantwortung.
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Die BFH erforscht, wie sich die Lebensqualität aller Menschen steigern lässt.
«Ein gutes Leben fängt bei uns selbst an», hielt Sebastian Wörwag, Rektor der BFH, in seinen einleitenden Worten vor den rund 250 Teilnehmenden am diesjährigen BFH-Tag fest. Sich selbst und seiner Gesundheit Sorge tragen, sei Voraussetzung, damit jemand überhaupt Fürsorge für andere übernehmen könne. Für eine Caring Society brauche es aber auch das Gegenüber, das Miteinander. «Die Ergänzung zur Selbstsorge ist die Fürsorge – so entstehen Gesellschaften», hielt Sebastian Wörwag fest.
Regierungsrätin Christine Häsler, Vorsteherin der Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern, bezeichnete in ihrem Grusswort die BFH als eigentlichen Katalysator, um wichtige Veränderungen in der Gesellschaft voranzubringen. Caring Society sei ein Schlüsselthema für eine Gesellschaft, die sich um ihre Menschen kümmere und Empathie ins Zentrum des Handelns stelle. «Dazu bekennt sich auch der Regierungsrat des Kantons Bern», unterstrich Christine Häsler.
Care als wichtige Investition
Im Gespräch mit Moderator Florian Inhauser nahm Carolin Fischer, Leiterin strategisches Themenfeld Caring Society an der BFH, eine Einordung des Begriffs vor. Grundlage für eine Caring Society bilde eine solidarische Gesellschaft. Sie anerkenne Care als kollektive Verantwortung und lagere sie nicht in den privaten Raum und ins Gesundheits- und Sozialwesen aus. Care könne sowohl aus grossen als auch aus kleinen Handlungen bestehen, merkte Carolin Fischer an. Investitionen in die Fürsorge seien die wichtigsten und wertvollsten, welche eine Gesellschaft leisten könne.
Im Themenfeld Caring Society nehme die BFH den Leitgedanken auf, das körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden von Menschen in sämtlichen Lebenslagen zu fördern und ein solidarisches Miteinander zu stärken, fuhr Carolin Fischer fort. «Wir erforschen die Bedingungen einer gesunden Lebensführung. Um die Lebensqualität aller Menschen zu steigern, suchen wir soziale, strukturelle, technologische und wirtschaftliche Möglichkeiten.»
Lösungsansatz Care@home
Wir werden diverser und älter. Es braucht innovative Ansätze, damit unsere Gesellschaft diese Herausforderungen meistern kann. Eine Möglichkeit ist Care@home. Das Modell für eine integrierte Gesundheitsversorgung kombiniert ambulante und stationäre Behandlungen. Patient*innen sollen zu Hause die gleiche medizinische und pflegerische Versorgung erhalten wie in einem Spital. Im Kanton Bern entsteht in den nächsten Jahren unter der Federführung der BFH ein Kompetenzzentrum für Care@home.
Anne Lévy, Direktorin des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), begrüsste es, dass die BFH die Möglichkeiten und Grenzen von Care@home auslotet und das Projekt wissenschaftlich begleitet. Wichtig sei, das Patientenwohl zu stärken und die Belastungsgrenzen der Angehörigen mit zu betrachten, meinte die BAG-Direktorin. «Wir brauchen neue Modelle für die Gesundheitsversorgung. Care@home kann ein Lösungsansatz sein.» Anne Lévy sprach auch die Finanzierung von Care@home an und ermunterte die BFH und ihre Partnerorganisationen, nicht nur genau zu prüfen, was ein solches Modell koste, sondern auch welche Einsparungen dadurch möglich seien.
Eine anschliessende Podiumsrunde, an der neben der BAG-Direktorin Vertreter*innen von Leistungsanbietern und der BFH teilnahmen, stimmte darin überein, dass alle gefordert seien, an medizinisch hochstehende, vernetzte und kosteneffiziente Care@home-Lösungen beizutragen. Es zeigte sich allerdings, dass die Frage der Finanzen noch für einige Diskussionen sorgen dürfte. Anne Lévy betonte, dass es wohl wichtig sei, die Kosten im Blick zu haben, es im Kern jedoch vermehrt um Caring Society und Caring Communities gehe. «Entscheidend ist doch, gemeinsam Sorge zu tragen. Deshalb ist der Diskurs dringend nötig, wie wir als Gesellschaft dorthin kommen.»
Psychische Gesundheit stärken
Um konkrete Anwendungen einer Caring Society mit dem Fokus auf mentale Gesundheit ging es bei der Präsentation von zwei Projekten aus der BFH. Kerstin Denecke demonstrierte, wie die SERO-App Suizide verhindern helfen kann. SERO steht für «Suizidprävention einheitlich regional organisiert». Die App enthält eine Selbsteinschätzung der Suizidgefährdung und einen Sicherheitsplan für den Krisenfall. Zudem ermöglicht sie, Kontaktdaten von Bezugspersonen oder Anlaufstellen in Krisensituationen zu speichern. Die BFH hat die App in Zusammenarbeit mit der Luzerner Psychiatrie und Gesundheitsförderung Schweiz entwickelt.
Das Projekt Wellguides hat zum Ziel, die psychische Gesundheit von Jugendlichen zu stärken. Das Besondere an dem Vorhaben ist, dass Jugendliche Gleichaltrigen zeigen, wie sie besser mit belastenden Situationen umgehen können. Co-Projektleiterin Regina Jenzer und «Wellguide» Luna Paiano berichteten über ihre Schulbesuche, die im Rahmen des Projekts in den Kantonen Bern und Zürich stattfanden. Die BFH hat das Projekt Wellguides gemeinsam mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZAHW) durchgeführt.
Danach legte Minou Afzali als Leiterin Forschung dar, wie das Swiss Center for Design and Health den Einfluss von Design und Architektur auf die Gesundheit erforscht und einen Beitrag zur Verbesserung von Neu- und Umbauten von Spitälern leistet.
Es braucht Menschen
Zum Abschluss des BFH-Tages 2024 waren sich Rektor Sebastian Wörwag und Carolin Fischer darin einig, dass es den Einbezug der Menschen braucht, um eine Caring Society erlebbar zu machen. «Wir tragen alle diese Gesellschaft und eine Verantwortung füreinander», fasste Sebastian Wörwag zusammen.
Der nächste BFH-Tag findet am 11. November 2025 statt. Er wird sich mit Fragen aus dem Themenfeld Nachhaltige Entwicklung beschäftigen.