CIRCUSOL Zirkuläre Geschäftsmodelle für die Solarbranche

Im Rahmen des EU-H2020-Projekts CIRCUSOL entwickelt die BFH zusammen mit europäischen Partnern Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft für die Solarbranche. Diese soll dank einem innovativen Umgang mit Ressourcen nachhaltiger und wettbewerbsfähiger werden.

Steckbrief

  • Lead-Departement(e) Technik und Informatik
  • Institut(e) Institute for Data Applications and Security (IDAS)
  • Forschungseinheit(en) Institut Innovation & Strategic Entrepreneurship
  • Förderorganisation Horizon 2020 Europäische Union, Grant agreement No 776680
  • Laufzeit (geplant) 01.01.2018 - 31.12.2022
  • Projektverantwortung Prof. Dr. Stefan Grösser
  • Projektleitung Prof. Dr. Stefan Grösser
  • Projektmitarbeitende Dr. Maria Franco Mosquera
    Tim Luginbühl
    Patrik Marti
    Adrian Stettler
    Roger Nyffenegger
    Thomas Blaser
    Boukhatmi Ässia
  • Partner Lund University
    Berner Fachhochschule
    VITO (Flemish Institute for Technological Research)
    IMEC (Interuniversitair micro-electronica centrum)
    Solitek
    SNAM (Société Nouvelle d'Affinage des Metaux)
    CEA (Commissariat a l'Energie Atomique et aux Energies Alternatives)
    Ecopower
    PV cycle
    BKW AG (Bernische Kraftwerke AG)
    Futech
    Daidalos Peutz
    ZABALA Innovation Consulting
    Loser Chemie
    Suncrafter
    Euresearch.ch
  • Schlüsselwörter Solarpanels, Kreislaufwirtschaft, Horizon 2020

Ausgangslage

Photovoltaik (PV), die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie, nimmt ständig an Bedeutung zu und deckt europaweit bereits vier Prozent des Strombedarfs. Doch die an sich umweltfreundliche Energie hat ein Problem: Immer mehr ausgediente Komponenten von Solaranlagen gelangen in den Müll. Damit verbunden sind eine Belastung der Umwelt und die Verschwendung von Ressourcen. Beides wird für die Solarbranche zunehmend zum wirtschaftlichen und zum Imageproblem.

Ziele

Im Rahmen der Forschungsprogramme «Horizon 2020» der Europäischen Union widmete sich
das Projekt CIRCUSOL der Frage, wie die Solarenergieindustrie ihre Ressourceneffizienz steigern und damit mehr zu einer klimaverträglichen Energiezukunft beitragen kann. Das Projekt vereinte Unternehmen des Energiesektors sowie akademische Zentren und Universitäten aus
Belgien, Frankreich, Deutschland, Litauen, Spanien, der Schweiz und Schweden.

Das Hauptziel von CIRCUSOL bestand darin, für die Solarenergiebranche Lösungen auf der Basis der Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Bei solchen erzielt der Besitzer eines Produkts seinen Umsatz mit der Leistung oder Funktionalität, die das Produkt über seinen gesamten Lebensweg erbringt. Er stellt also nicht einfach ein Produkt her und verkauft es, sondern bewirtschaftet es als Dienstleister von der Herstellung bis zum Recycling. Dabei hat er ein grosses Interesse daran, das Leben des Produkts zu verlängern und die Wiederverwertung der im Produkt steckenden Rohstoffe zu erleichtern.

Vorgehen

Um nachhaltige Modelle der Kreislaufwirtschaft zu begünstigen, haben die europäischen Partner im CIRCUSOL-Projekt an verschiedenen Orten angesetzt. So müssen etwa PV-Module entwickelt werden, die einfacher zu reparieren oder zu rezyklieren sind als heute auf dem Markt verfügbare Module. Ebenfalls gesucht wurden neue Ansätze bei den Energiespeichersystemen. Hier geht es beispielsweise darum, die Technologie zur Wiederherstellung von defekten Batterien zu verbessern. Ein grosses Potenzial für einen effizienteren Ressourceneinsatz orten die Forscher zudem bei gebrauchten Batterien von Elektromobilen.

Die BFH war in verschiedenen Teilbereichen von CIRCUSOL involviert. Sie baute Datenbanken auf, erarbeitete Ökosystemanalysen und beteiligt sich an Pilotversuchen des Partners BKW im Kanton Bern. Auch Studierende konnten von CIRCUSOL profitieren, indem sie sich im Rahmen von Projektarbeiten mit Teilaspekten beschäftigten.

Ergebnisse

Um den Informationsaustausch innerhalb der Solarbranche zu vereinfachen und dadurch die Wertschöpfungsketten effizienter und nachhaltiger zu gestalten, entwickelten die Forschenden der BFH den Prototypen einer Datenbank. Dank dieser Datenbank soll es künftig für Stakeholder innerhalb der Wertschöpfungskette möglich sein, PV-Module wiederzufinden sowie schnell und einfach Informationen zu erhalten über ihren physischen Zustand und ihr Zirkularitätspotenzial. Aktuell ist am Ende der ersten Nutzung in den meisten Fällen nicht bekannt, ob Module nur gebraucht, aber noch funktionsfähig sind, oder ob tatsächlich ein Defekt vorliegt, der nicht behoben werden kann. Der zusätzliche Aufwand, den eine genaue Begutachtung und Bewertung der Produkte erfordern würde, steht momentan nicht in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Ertrag, der mit zirkulären Geschäftsmodellen für Second-Life-Produkte erarbeitet werden könnte. An dieser Stelle kommt die von der BFH entwickelte Datenbank ins Spiel: PV-Module sollen gleich zu Beginn ihrer Wertschöpfungskette erfasst und danach weiterverfolgt werden, damit am Ende ihrer ersten Nutzung Informationen zu ihrem Zustand vorhanden sind. Der Prototyp dieser Datenbank soll in einem nächsten Schritt weiterentwickelt und anschliessend den Stakeholdern der Solarbranche zur Verfügung gestellt werden. Ein Schweizer Folgeprojekt ist dafür bereits in Planung.

Damit ein kreislauforientiertes Geschäftsmodell für die Solarbranche erfolgreich entwickelt und umgesetzt werden kann, sind jedoch nicht nur die Informationen zum Zustand der Produkte entscheidend. Stattdessen müssen viele verschiedene Faktoren berücksichtigt werden: technische, finanzielle, marktwirtschaftliche, ökologische und regulatorische. Das Zusammenspiel dieser Faktoren simulieren die Forschenden der BFH in einem sogenannten System-Dynamics-Modell, um die komplexen Wechselwirkungen der unterschiedlichen Einflüsse besser zu verstehen. Die Modellierungen zeigen: Steigende Strompreise sind der stärkste Treiber für die wachsende Nachfrage nach PV-Systemen. Aufgrund sinkender Anlagepreise wird der Marktanteil der Stromerzeugung mit PV aber auch bei konstanten Strompreisen wachsen, sagt das Modell voraus. Anhand der Simulationen lässt sich ebenfalls aufzeigen, dass wiederverwendete PV-Module aktuell einen schweren Stand haben, denn eine Zweitverwendung ist finanziell nur attraktiv, wenn die Kosten für die Stromerzeugung niedriger oder maximal gleich hoch sind als mit neuen PV-Modulen. Das ist im Moment nicht der Fall.

Ausblick

Aus den Erkenntnissen, die im Projekt gewonnen werden konnten, haben die CIRCUSOL-Partner Empfehlungen und Strategien entwickelt, welche die Etablierung von kreislauforientierten Geschäftsmodellen für die Solarbranche fördern können. Dazu gehört unter anderem, vorzeitige Defekte durch Wartungen zu verringern, das Design von PV-Modulen so anzupassen, dass Rohstoffe einfacher zurückgewonnen werden können, und die Entwicklung von Verfahren, dank denen sich Daten einfach erfassen und weitergeben lassen.