Deep-Tech-«Brain Drain»: Eine Chance für die Schweiz?

04.04.2025 In einem Editorial in Science warnen Stefan Raff-Heinen vom Institut Digital Technology Management und Co-Autorin Prof. Fiona Murray von der MIT Sloan School of Management vor der Abwanderung von Spitzenforscher*innen aus den USA. Für die Schweiz könnte das eine grosse Chance sein – wenn sie die richtigen Rahmenbedingungen schafft.

Stefan, gerade ist ein Gasteditorial von dir und Fiona Murray in Science publiziert worden. Ihr beide arbeitet an der MIT Sloan School of Management in Massachusetts zusammen. In dem Artikel beschreibt ihr, wie Kürzungen bei der Forschungsförderung Wissenschaftler*innen in den USA dazu veranlassen, nach Möglichkeiten in anderen Ländern zu suchen. Ihr warnt vor einem sich abzeichnenden Deep-Tech-«Brain Drain» – einem Verlust hochqualifizierter Talente, die für wissenschaftliche und technologische Innovationen entscheidend sind.

Was bedeutet diese Entwicklung für die Schweiz?

Für die Schweiz eröffnet dieser Trend eine grosse Chance. Wenn Spitzenforscher*innen und Deep-Tech-Talente nach neuen Standorten suchen, um ihre Arbeit fortzusetzen, kann sich die Schweiz als attraktiver Anziehungspunkt positionieren. Neben der wissenschaftlichen Exzellenz und der hohen Lebensqualität braucht es jedoch gezielte Massnahmen, um diese Talente nicht nur anzulocken, sondern auch langfristig zu binden. Besonders im Bereich Deep-Tech müssen wir dafür das nötige Ökosystem mit der entsprechenden Infrastruktur schaffen, damit Forscher*innen und Gründer*innen hier erfolgreich arbeiten können.

Was meinst du mit Infrastruktur?

In führenden US-Deep-Tech-Hubs wie Kendall Square in Cambridge gibt es eine dichte Konzentration an Lab Spaces, also Testumgebungen und gemeinschaftlich genutzten High-Tech-Einrichtungen. Dort können Wissenschaftler*innen mit modernster Technologie experimentieren und Prototypen entwickeln und dabei Geräte und Einreichungen mit anderen Forschern teilen, ohne selbst in teure Anlagen investieren zu müssen. Genau diese Infrastruktur ist für Deep Tech essenziell, da die Entwicklung neuer Technologien oft hochspezialisierte, kostspielige Geräte erfordert, die sich einzelne Gründer*innen-Teams nicht leisten können.

Was kann die BFH konkret dazu beitragen, die Voraussetzungen für Deep-Tech Forscher zu verbessern?

Die BFH als Fachhochschule ist eng mit Schweizer Unternehmen vernetzt – und gerade diese Unternehmen spielen eine Schlüsselrolle bei der Kommerzialisierung von Deep-Tech-Innovationen, sei es durch Lizenzierungen oder strategische Kooperationen. Erfolgreiche Deep-Tech-Ökosysteme zeichnen sich dadurch aus, dass Unternehmen von Anfang an in den Innovationsprozess eingebunden sind. Hier kann die BFH eine zentrale Rolle spielen: als Brücke zwischen Forschung und Industrie, als «Enabler», der Gründer*innen mit Unternehmen zusammenbringt und vielleicht sogar als Treiber für den Aufbau dringend benötigter Lab- und Entwicklungsräume im Raum Bern.