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Medikamentenpreise: Kann das Swiss Drug Pricing Model Klarheit schaffen?
14.02.2025 In der Schweiz ist nicht genau definiert, wie ein wirtschaftlicher Preis für Arzneimittel ermittelt werden soll. Darum haben Fachleute an einem Symposium der Berner Fachhochschule über ein neues Modell zur Preisbildung diskutiert. Dieses soll mehr Transparenz und faire Preise bringen.
Das Wichtigste in Kürze
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Eine Forschungsgruppe des Instituts für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik der BFH hat das Swiss Drug Pricing Model einem Fachpublikum vorgestellt.
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Das neue Modell soll die Berechnung von Arneimitteln transparenter und fairer machen.
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Fachexpert*innen sehen im Modell Potential für zukünftige Verbesserungen aber auch Schwachpunkte gegenüber dem bestehenden Prozess.
Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung verlangt, dass die übernommenen Leistungen wirtschaftlich sein müssen. Es gibt jedoch keine Vorgabe, wie ein wirtschaftlicher Preis für Medikamente festgelegt werden soll. Die Arzneimittelpreise werden oft intransparent zwischen Pharmaunternehmen und Staat verhandelt. Um diese Herausforderung zu bewältigen, hat das Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik der BFH das Swiss Drug Pricing Model (SDPM) entwickelt. Dieses Modell soll als Werkzeug für eine evidenzbasierte, effiziente und nachvollziehbare Bewertung neuer Therapien in der Schweiz dienen.
An einem Symposium in Bern stellten die Forschenden der BFH das Modell einem Fachpublikum vor. Ziel war es, die Mechanismen der Preisbildung zu beleuchten und aus verschiedenen Perspektiven zu erörtern, welche Vor- und Nachteile ein solches System hätte. «Für uns ist es in diesem Stand des Projekts wichtig, möglichst viele Stakeholder des Gesundheitssystems miteinzubeziehen», sagt Niklaus Meier, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik der BFH. Er arbeitet seit drei Jahren am Modell und öffnete es an diesem Symposium für externe Kritik durch das Publikum und Vertreter*innen von Interessengruppen.
Konstruktive Kritik am neuen Modell
Zu diesen Vertreterinnen gehörten Chantal Britt. Die Präsidentin des Vereins Long Covid Schweiz und Viktor Award Gewinnerin nahm die Patient*innen-Perspektive ein: Sie lobte die Transparenz des Modells und sieht es als gute Basis für eine Weiterentwicklung. Dabei wünschte sie sich aber einen stärkeren Einbezug von Patient*innen. «Die Forschung wird nach wie vor von Partikularinteressen getrieben und nicht von den Patient*innen», sagte sie mit Blick auf die Finanzierung des Projekts durch die Krankenkassen CSS, Helsana, Sanitas und SWICA, «die Bevölkerung muss am Prozess teilhaben.»
Kritische Worte fand auch Industrievertreter Balz Ryf, Market Access Experte der Vifor AG. Er beanstandete die fehlende Verbindung zu den bestehenden Preisbildungsmechanismen: «Wir können nicht ein neues Verfahren auf der grünen Wiese bauen.» Es sah aber einzelne Elemente des Modells, die beim heutigen Vorgehen eingebaut werden könnten, wie zum Beispiel der bessere Einbezug der Lebensqualität.
Während Balz Ryf das SPDM als zu umfassend empfand, ging es für Claudia Wild zu wenig weit. Die Leiterin des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) nannte die Methode «konservativ» und «brav» und wünschte sich ein Modell, «das mehr am bestehenden System rüttelt.» Gleichzeitig sah sie auch die Notwendigkeit von Kompromissen im Schweizer Politiksystem. Sie rät dem Forschungsteam, weitere Anwendungsfälle zu testen und internationale Kooperationen zu suchen.
Medikamentenpreise auch Thema am Spirit of Bern
Verschiedene Vertreterinnen diskutieren am Spirit of Bern 2025 mit Expert*innen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft über das Gesundheitswesen von morgen. Prof. Dr. Katharina Blankhart, Leiterin des Instituts für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik der BFH wird über das Thema der Medikamentenpreise sprechen. Die weiteren Vertreter*innen sind:
- Friederike J.S. Thilo zum neuen Swiss Center for Care@home
- Christoph Golz zur automatisierten Messung arbeitsbedingter Belastung
- Sabine Hahn zum Versorgungsmodell Care@Home
- Sang-Il Kim zur Digitalisierung im Gesundheitswesen
Niklaus Meier nahm die konstruktive Kritik wohlwollend auf. Er betonte, dass laut seinen Austauschen mit Stakeholdern im Gesundheitswesen niemand mit dem bestehenden Preissystem zufrieden ist: «Etwas muss sich ändern, wenn wir wirtschaftliche und faire Medikamentenpreise haben wollen.» Er sieht den Wert des SDPM unter anderem darin, Verhandlungen über Medikamentenpreise durch eine strukturierte Argumentation zu unterstützen.
Das Thema der Medikamentenpreise und wie sie zustande kommen wird die Schweiz in Zukunft noch weiter beschäftigen. Das Swiss Drug Pricing Modell dient als Ausgangspunkt für eine wissenschaftliche und gesellschaftliche Debatte.