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Zusammenarbeit, die Früchte trägt
13.02.2025 Das an der BFH-TI entwickelte Gerät Spectralis Centaurus eröffnet neue Perspektiven für die Behandlung von Erkrankungen der Netzhaut. Es ist ein weiteres Beispiel der bewährten Zusammenarbeit der BFH-TI mit industriellen Partnern.
Die Gefahr, dass die BFH-TI bei der Ausbildung des Ingenieurnachwuchses überholtes Wissen aus Lehrbüchern vermittelt, bestehe nicht, sagt Patrik Arnold, Dozent und Co-Leiter des Labors für Optik am BFH-Institute for Human Centered Engineering (HuCE-optoLab): «Dafür sorgen sowohl unsere Partner mit ihren Entwicklungsaufträgen als auch die aktuelle Forschung. Beide speisen laufend neue Themen ein.» Derzeit arbeitet das HuCE-optoLab mit rund einem Dutzend Partnern zusammen – Firmen, Universitäten und Kliniken. Häufig sind es KMU, die abklären wollen, wie sich eine Idee umsetzen lässt. Ihre Aufträge bieten den Studierenden Stoff für Projekt- und Bachelorarbeiten. Häufig entstehen dabei Machbarkeitsstudien oder Prototypen. Grösser angelegt sind Projekte, die vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) oder von Innosuisse, der Innovationsagentur des Bundes, mitfinanziert werden.
![Das Team von Spectralis Centaurus](/.imaging/mte/bfh-theme/image-and-gallery-xxs/dam/bfh.ch/departementsinhalte/ti/2025/spirit-bfh/februar/t-spectralis-centaurus-netzhaut.jpg/jcr:content/t-spectralis-centaurus-netzhaut.jpg)
Mehr Sicherheit bei der Behandlung der Netzhaut
Für Aufsehen sorgt derzeit die gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsarbeit des HuCE-optoLab mit industriellen Partnern im Bereich der selektiven Retina-Therapie (SRT). Die vom wissenschaftlichen Mitarbeiter Christian Burri im Rahmen seiner Doktorarbeit erzielten Resultate wurden im Juni 2024 in Seattle (USA) mit dem Heidelberg Engineering Xtreme Research Award ausgezeichnet. Seine Entwicklung hat das Potenzial, die Behandlung verschiedener Augenkrankheiten massgeblich zu verbessern. Er selbst bleibt bescheiden: «Es handelt sich beim Centaurus-Projekt definitiv nicht um eine Einzelleistung. Zahlreiche wissenschaftliche Mitarbeitende und Studierende haben mit ihren Bachelor- und Masterarbeiten zur Entwicklung beigetragen.»
Das Spectralis-Centaurus-Gerät kombiniert eine neuartige Lasertechnologie mit der optischen Kohärenztomografie (OCT), um eine Netzhautverjüngung herbeizuführen. Eingesetzt werden soll es insbesondere zur Behandlung von Krankheiten, bei denen die Funktion des retinalen Pigmentepithels (RPE), einer Schicht der Netzhaut, gestört ist. Bei der Behandlung werden die beschädigten Zellen des RPE präzise mit einem Laser zerstört. Wie beim menschlichen Hautepithel regenerieren sich die zerstörten RPE-Zellen später von selbst und werden so wieder funktionsfähig. Die Herausforderung dabei: Wenn der Energieimpuls des Behandlungslasers zu stark ist, beschädigt er auch die vor dem RPE liegenden Sehzellen irreversibel. Dieses Risiko behinderte bisher den Einsatz der SRT. Die von Christian Burri entwickelte Behandlungsmethode ermöglicht nun, eine Laser-Überdosierung zu vermeiden. Mithilfe von OCT scannt ein zweiter Laser permanent die Netzhaut. Er erkennt sofort, wann der Behandlungslaser seine Wirkung im RPE entfaltet und stoppt ihn, bevor er Sehzellen schädigt.
«Dank der Zusammenarbeit mit der BFH ist gewährleistet, dass wir neue Entwicklungen nicht verpassen.»
![Dr. Eric Odenheimer](/.imaging/mte/bfh-theme/partner-logo-xxs/dam/bfh.ch/departementsinhalte/ti/2025/spirit-bfh/februar/t-eric-odenheimer.jpg/jcr:content/t-eric-odenheimer.jpg)
Dank Partnerschaft am Puls der Entwicklung
Die Entwicklung der Kombination von Diagnose (OCT) und gleichzeitiger Behandlung (SRT) mit einem einzigen Gerät wurde durch die finanzielle Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds ermöglicht. Den Projektantrag stellten die BFH und ihr klinischer Partner, die Universitätsklinik für Augenheilkunde des Inselspitals. Als Industriepartner beteiligt waren der deutsche Hersteller von OCT-Diagnosegeräten Heidelberg Engineering sowie das Thuner KMU Meridian Medical, Hersteller von Behandlungslasern. Mit letzterem pflegt das HuCE-optoLab seit Jahren enge Kontakte.
«Die Zusammenarbeit mit der BFH ist für uns sehr wichtig», betont Dr. Eric Odenheimer, CEO der Meridian AG. «Durch sie profitieren wir von viel Kompetenz und modernster Technologie. So ist gewährleistet, dass wir neue Entwicklungen nicht verpassen.» Auch der Zugang zu Innosuisse-Fördermitteln sei dank der Partnerschaft mit der renommierten Bildungsinstitution einfacher. Das von Christian Burri mitentwickelte Verfahren habe Meridian viel Aufmerksamkeit in Fachkreisen verschafft und könne ein «game changer» bei der Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration werden: «Vorausgesetzt, dass sich die Behandlung am Menschen als wirksam und sicher erweist.»
«Mit der lokal ansässigen international tätigen Ziemer Ophthalmic Systems arbeiten wir seit über zehn Jahren zusammen»
![Dr. Dominik Inniger](/.imaging/mte/bfh-theme/partner-logo-xxs/dam/people/i/igd1.jpg/jcr:content/igd1.jpg)
Kaderschmiede im Bereich Optik und Photonik
Neben Meridian Medical in Thun greifen auch andere Schweizer KMU auf die Expertise des HuCE-optoLab zurück. Ein wichtiger Partner ist die Firma Ziemer Ophthalmic Systems in Port, die Laser und Diagnosegeräte für augenheilkundliche Eingriffe herstellt. Die Zusammenarbeit begann vor über zehn Jahren. «Sie dauert bis heute an», sagt HuCE-optoLab-Co-Leiter Dominik Inniger, «und sie öffnet unseren Studierenden häufig die Tore in die Berufswelt. Manche finden nach dem Studium eine Anstellung bei Ziemer oder Meridian.» Gar eine «Kaderschmiede für Spezialist*innen im Bereich Optik und Photonik» nennt Christian Burri das HuCE-optoLab, das sich in den letzten Jahren auch international einen Namen gemacht hat.
Der Biomedizin-Ingenieur ist inzwischen hauptberuflich als Leiter Forschung und Entwicklung für Meridian Medical tätig. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter des HuCE-optoLab begleitet er weiterhin eine medizinische Studie am Insel-Spital zur Behandlung von zwei Varianten der durch Diabetes verursachten Veränderung der Netzhaut. Die von ihm entwickelte OCT-überwachte und -gesteuerte selektive Retina-Therapie kam dabei bisher bei acht Patient*innen erfolgreich zur Anwendung. In zwei bis drei Jahren könnte Swissmedic daher die Zulassung für die klinische Anwendung der neuen Methode bei diesen zwei Erkrankungen erteilen, schätzt Christian Burri. Swissmedic und die kantonale Ethikkommission haben nun auch eine Studie am Menschen bewilligt, um die Wirksamkeit und die Sicherheit der neuen Technologie bei der Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration zu prüfen. Für den BFH-Industriepartner Meridian Medical sind das erfreuliche Aussichten.